Die Bennings (German Edition) by Roth Nicola

Autor:Roth, Nicola [Roth, Nicola]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3
veröffentlicht: 2014-04-27T22:00:00+00:00

Marie und James versuchten die nächsten Tage mich zu trösten. Es gelang ihnen nur teilweise. James schlug vor, Leonard einen Brief zu schreiben, um ihm den Grund für meinen Besuch noch einmal in Ruhe zu erklären. Das würde die ganze Sache klären. Da meine Schreibkenntnisse immer noch ziemlich schlecht waren, bat ich James schließlich um Hilfe. Schweigend verbesserte er meine Fehler.

„Kopf hoch, Jamie! Du machst das schon richtig!“

Der Brief verschaffte mir zunächst Erleichterung. Ich hoffte so sehr, dass er Leonard meine Lage nahe brachte. Erst als die Zeit kam, dass eine Antwort eintreffen könnte, wurde ich ein wenig nervös. Doch es kam kein Brief. Auch Leonard kam nicht. Ich verdächtigte die Bocellis – vor allen Fiona – den Brief unterschlagen zu haben. Im November schickte ich noch einen. Vergebens. Weihnachten rückte näher, ich hörte nichts von Leonard. In manchen Nächten weinte ich bitterlich in meine Kissen, in anderen packte die Wut und ich musste mich beherrschen, um nicht alle Wandbilder zu zerstören, die er in unserem Haus gemalt hatte. Bilder, die unser Leben zeigten, wie wir es uns erträumt hatten.

Bilder voller Zauber und Glück.

Wo war es hin? Wann waren unsere Träume davon geschlichen? An jenem schicksalhaften Abend mit Rouven? Davor? Danach? Ich wusste es nicht.

Wenigstens hatte ich viel zu tun. Ich stürzte mich in die Arbeit und nähte oft, bis mir spät in der Nacht die Augen brannten. Wenigstens hatte ich dadurch ein gutes Auskommen – auch ohne Leonard. Obwohl er mir gesagt hatte, ich dürfe Geld von seinem Konto holen, ging ich nicht dran. Erstens traute ich mich nicht, da ich mich nach wie vor mit Bankdingen nicht auskannte, und zweitens wollte ich es auch nicht. Trotzig wollte ich ihm beweisen, dass ich sein Geld und ihn nicht brauchte. Damit konnte ich zwar keine großen Sprünge machen, aber es reichte um Daniel und mich durch zu bringen, Minni zu bezahlen und auch um neue Stoffe zu kaufen.

Marie und James begleiteten mich kurz vor Weihnachten nach Sandrington, wofür ich ihnen sehr dankbar war. Die Kinder hatten wir daheim gelassen. Es war kalt und erinnerte mich ein wenig an die Fahrt nach Sandrington, als ich mit Leonard und Rouven unterwegs gewesen war. Aber das war auch das Einzige. Marie plauderte ununterbrochen und James und ich kamen manchmal aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.

In Sandrington trennten wir uns. James ging irgendwelche geschäftlichen Dinge erledigen, während Marie und ich in einem Spielzeugladen landeten. Ich konnte nicht umhin, Daniel ein kleines Holzschiff mitzunehmen. Er liebte Wasser und er liebte es, in dem Holzzuber zu baden. Er würde es zu Weihnachten bekommen und ich war mir sicher, dass es ihm gefallen würde. Dann machte ich mich alleine auf dem Weg um Stoffe zu besorgen. Es war das erste Mal, dass ich ohne Leonard einkaufte. Ich musste mich auf mein eigenes Gefühl verlassen.

Ich war gerade in die Straße eingebogen, in der das Geschäft lag, als mich eine Kutsche überholte und ein paar Meter vor mir anhielt. Ich blieb stehen vor Schreck, denn ich kannte die Kutsche.

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